Mit der Synagoge und dem Gemeindezentrum sind über 100 Jahre bewegte jüdische Geschichte in Kreuzberg verbunden: von der Ersteinweihung im Jahr 1916, über die Zerstörung während der Shoah und des II. Weltkrieges, bis hin zur Wiederbelegung und zum geplanten Wiederaufbau.

Geschichte der Synagoge und des Gemeindezentrums
Die von Alexander Beer entworfene Synagoge Fraenkelufer wurde 1916 eingeweiht und gehörte mit Platz für über 1.700 Menschen im Hauptsaal und insgesamt über 2.000 Sitzplätzen zu den größten Synagogen Berlins. Schon damals wurde sie als eine Art Gemeindezentrum mit großem Gebetssaal, einer Wochentagssynagoge, einem Saal für den Jugendgottesdienst, einer modernen permanenten Laubhütte, einem Trausaal und Versammlungs- sowie Wohnräumen geplant. Dies wurde ergänzt durch Büros und Räumlichkeiten für die Gemeindeverwaltung und Bildung. 1925 eröffnete die Jüdische Gemeinde einen Kindergarten und Hort auf dem Gelände, später auch einen Ferienspielplatz.
Während der Novemberpogrome 1938 wurde der Hauptteil des historischen Gebäudes massiv beschädigt. Die anschließende Zweckentfremdung – Nutzung als Lager und als Unterstand für Militärfahrzeuge – mit der einhergehenden mangelnden Instandhaltung und Pflege und schließlich Bombentreffer zum Ende des Zweiten Weltkriegs führten dazu, dass die Ruine des Hauptgebäudes 1956 abgerissen werden musste, zumal der Wiederaufbau eines so großen Gebetshauses für ca. 2.000 Beter*innen bei der fast vollständig vernichteten Gemeinde nicht sinnvoll war.
Neubeginn nach der Shoah
Lediglich der Seitenflügel mit der Jugendsynagoge blieb weitgehend unversehrt und konnte zum jüdischen Neujahr (Rosh haShana) im September 1945 wieder genutzt werden. Über 200 Überlebende der Shoah und rund 30 amerikanische Soldaten feierten gemeinsam im Seitenflügel den Gottesdienst. Damit gehörte die Synagoge Fraenkelufer zu den ersten Synagogen in Berlin, in der nach dem Holocaust wieder gebetet werden konnte.
Dokumentiert wurde dieses Ereignis durch den berühmten Fotografen Robert Capa, dessen Fotos von der Feier anschließend im amerikanischen Life-Magazine veröffentlicht wurden. Dass dies überhaupt möglich wurde, war dem jüdischen US-Offizier Harry Nowalsky zu verdanken, der gegenüber der Synagoge untergebracht war. Er setzte alle Hebel in Bewegung, um das Seitengebäude soweit wieder herzurichten, dass der Neujahrsgottesdienst stattfinden konnte. Eine Enkelin von Nowalsky, Jessica Greenberg, ist Vorstandsmitglied im amerikanischen Förderverein „US Friends of Fraenkelufer”.
Einwanderung und Wachstum
Der Seitenflügel wurde nach grundlegender Sanierung von 1956-1958 als Synagoge Fraenkelufer offiziell wieder eingeweiht und beherbergt seitdem durchgängig Gottesdienste. Nach der großen jüdischen Einwanderungswellen aus der ehemaligen Sowjetunion in den 90er Jahre stagnierte die Entwicklung der Beterschaft in den 2000er Jahren. In den letzten zehn Jahren wandelte sich die Bevölkerungsstruktur Berlins stark. Eine bemerkenswerte Internationalisierung prägt das Stadtbild, insbesondere im Bezirk Kreuzberg. Während viele der alteingesessenen Beterinnen und Beter der Synagoge weiterhin die Treue halten, kommen in den letzten Jahren vermehrt junge Menschen und Familien vor allem aus Nord- und Südamerika, Australien, Europa und aus Israel hinzu, die am Fraenkelufer eine Gemeinschaft für sich finden. So ist das Fraenkelufer nach über hundert Jahren bewegter Geschichte heute wieder ein Zentrum jüdischen Lebens in Kreuzberg.